(*ist in Norddeutschland kein Butt sondern eine Scholle)
Fischnamen im Restaurant können sehr verwirrend sein. Manche Namen sollen eine Verwandtschaft zu edlen, teuren Fischen suggerieren. Schade, dass diese Fischarten nicht existieren, denn ihre Namen wären durchaus hübsch! Aber der Reihe nach, wir beginnen mit Lachsen, die gar keine sind:
Edel tönt es schon, wenn Fische "Lachs" genannt werden. Lachsfleisch ist ja auch besonders lecker und begehrt. Allerdings schleichen sich auf den Speisekarten der edlen Restaurants allerhand unedle Fische zwischen die echten Lachse ein. Diese Arten sollen eine Verwandtschaft zum edlen Lachs suggerieren:
Sie sind allesamt weit davon entfernt Lachse zu sein. Der Steinlachs gehört immerhin weitläufig in die Verwandtschaft der Lachsfische - er heisst auch Ostsee-Schnäpel oder Maräne - er ist aber eher mit Felchen zu vergleichen. Aber auch ein Dornhai wird manchmal als Steinlachs verkauft!
Lachse gibt es viele, auch sehr grosse, wie den Huchen. Aber es gibt auch viele "Lachse", die gar keine sind.
Steinlachs heissen auch gewisse Stücke des Dornhais. Sowieso, es scheint fast, als müsse man den Dornhai – obschon ein äusserst elegantes Tier – begrifflich aufrüsten. Sein Fleisch kommt jedenfalls seit jeher unter frisierten Namen auf den Markt. Darunter finden sich wirklich tolle Bezeichnungen wie: "Königsaal", "Seestör" oder "Kalbfisch". Seine grätenfreien Rückenstücke heissen "Seeaal" – warum auch immer – und die Bauchlappen werden geräuchert als "Schillerlocken" gehandelt, auch nicht schlecht.
Fischnamen im Restaurant können echt verwirrend sein!
Dornhaie vermehren sich sehr langsam. Sie sind, wie viele andere Haiarten auch, besonders durch Überfischung bedroht und stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten.
Kleingefleckte Katzenhaie leben vor den europäischen Küsten
Eine Wertsteigerung mit der Vorsilbe "Gold-" funktioniert meistens, auch in Restaurants: Makrelen werden zu Goldmakrelen, Schollen zu Goldbutt, Rot- zu Goldbarschen und Meerbrassen zu Goldbrassen. Die echte Goldbrasse gibt’s allerdings auch, die Franzosen adeln sie sogar zur königlichen "Dorade royale". Der Effekt ist wohl derselbe...
Meistens ist Seezunge im Restaurant ziemlich teuer, leider ist sie oft nicht echt. Statistisch gesehen muss man zweimal Seezunge bestellen, um sie einmal zu essen. Die Hälfte der verkauften "Seezungen" stammt von anderen Fischarten. Darunter finden sich zwar gute, aber eben weniger hochwertige Plattfischarten oder sogar unser bereits bekannter "Seelachs" – der ja eigentlich ein Dorsch ist – oder gar der günstige Pangasius. Am besten bestellt man NIE "panierte Seezungen", denn unter der goldenen Panade verbirgt sich oft ein billigerer Massenfisch. Besser ist es, wenn man eine ganze, unfilettierte Seezunge ordert. Die erkennt man gut an ihrer hübschen ovalen Form. Die günstigeren Butte liegen übrigens auf ihrer rechten Körperseite, die Seezunge ist linkslastig.
In Frankreich heissen Klieschen "Limande sole". Wer sich nicht genau auskennt, meint eine "Sole", also eine Seezunge, zu bestellen.
Schollen sind Meister der Tarnung, sie liegen auf ihrer linken Körperseite. Aber es gibt auch "Ausreisser", die - wie ein Butt - auf der rechten Seite liegen.
Fischer und Angler nennen den Seelachs in der Regel "Köhler", manchmal auch "Kohlfisch". Verkäufer bieten ihn aus verkaufsfördernden Gründen als "Seelachs" feil. Ein "Lachs" ist eben etwas Edleres als ein gemeiner Dorsch.
Der Seelachs (Pollachius virens) gehört zoologisch korrekt zu den Dorschen, wovon es etwa 20 Arten gibt. Mit Lachsen ist er überhaupt nicht verwandt.
Im Englischen heisst er auch „pollack“ oder „pollock“, was wiederum Verwechslungsmöglichkeiten mit dem zu Deutsch „Pazifischer Pollack“ (Gadus chalcogrammus) genannten Verwandten schafft - der wiederum als „Alaska-Seelachs“ verkauft wird - und dem im Nordost-Atlantik und Mittelmeer vorkommenden „Pollack“ (Pollachius pollachius), der auch Steinköhler, Kalmück oder Kohlmaul heisst. Alles klar?
Der Name "Seelachs" ist übrigens - ebenso wie "Alaska-Seelachs" - eine Erfindung der Lebensmittelindustrie und beruht auf der Verwendung des Fleisches als rot eingefärbter "Lachsersatz", bevor die Lachszuchten den Bedarf nach rotem Fischfleisch stillen konnten.
Auf den Speisekarten werden "Seebarsche" häufig angeboten, sie werden auch oft gegessen. Aber noch nie wurde einer gefangen.
Die See – das Meer – ist voller Barschfische. Auch in Seen gibt’s viele Barsche, aber den "Seebarsch" hat noch niemand je gesehen, es gibt ihn schlicht nicht.
Oft verbirgt sich hinter dem Seebarsch der "Wolfsbarsch" (Dicentrarchus labrax), der in vornehmeren Kreisen und in Frankreich "Loup de mer" oder – noch verwirrender – "Seewolf" genannt wird. Der richtige Seewolf ist nämlich nochmals ein anderer, eher grimmiger Kollege, der "gestreifte Seewolf" (Anarrhichas lupus); auch er ein Barsch.
In dem deutschen Märchen „Von dem Fischer un syner Frau“ erfüllt der Butt dem Fischer alle Wünsche. Das macht im Restaurant auch der Wirt mit seinen Gästen:
Als "Butt" gehen alle möglichen Plattfische in die Pfanne: Steinbutt, Heilbutt, Glattbutt, Goldbutt oder gar nicht Butt, sondern Scholle oder Kliesche. Gastronomen benützen das Wort "Butt" als Sammelbegriff für diverse Plattfische. Für Zoologen ist es folgendermassen:
Butte (Bothidae) oder Linksaugen-Flundern sind eine eigene Fischfamilie. Der Heilbutt gehört - obwohl der Name dies suggeriert - nicht zu den Butten, sonden zu den Schollen (Pleuronectidae).
In Hamburg ist der Butt allerdings kein Butt, sondern eine Flunder. Unterscheiden kann man Butte und die übrigen Plattfische übrigens an ihrer Lage: Butte liegen auf ihrer rechten Körperseite, die Verwandtschaft der Flundern, Schollen und Seezungen liegen links. Und wie überall im Leben gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel.
Übrigens: Ein Blogleser (Vielen Dank!) hat mich darauf hingewiesen, dass das Schweizerische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV eine Fischnamensliste aller bekannten Speisefische veröffentlicht. Da sind noch viele Dutzend andere Fischnamen, auch in französisch und italieniesch gelistet. Sehr nützlich! Hier ist sie!
Ein weiterer Leser hat mich auf die Lachsforelle hingewiesen, die bisher im Blog nicht erwähnt war. Dabei hat es diese es nun wirklich verdient, an dieser Stelle erwähnt zu werden:
Eine Lachsforelle ist eine Handelsbezeichnung für Forellen, die grösser sind als 1500 Gramm und rotes bis rosarotes Fleisch aufweisen.
Ob es sich dabei um eine Bachforelle, eine Seeforelle, eine Meer- oder Regenbogenforelle handelt ist nicht von Belang. Das Fleisch muss jedoch die deutliche Rotfärbung aufweisen. Auch hier: woher die Färbung kommt - ob sie also natürlich entstanden ist oder durch Zugabe von Carotinoiden im Futter - ist belanglos. Die meisten angebotenen "Lachsforellen" sind besonders grosse gezüchtete Regenbogenforellen.
13 Kommentare
Bin gespannt auf die Fortsetzung zum Thema Meeresfrüchte. Wäre ein gutes Werk!
Für viele erstmal ein Begtiffswirrwar.
Das stimmt, es würde sich lohnen, auch hier eine Zusammenstellung zu machen.
Labrador Schwarzen Heilbutt, Atlantik Ostküste New York - Boston auf Hering. Natürlich bestand der Fang nicht ausschließlich meiner grade angefertigten Liste, der " Beifang " bestand aus: allen Atlantikfischen wie Makrele, Katfisch die waren unterteilt in " See - und Wasserkatzen " , Lengfisch, Glasaugen " Knastfisch " Knurrhahn, Seehasen. Auch unter uns Fischern existierten schon " Eigennamen " War eine tolle Zeit, habe sehr viel übers Leben dabei gelernt.
Vielen Dank für den Hinweis! Das Bild habe ich auf Hokkaido gemacht; dort gibt es - in Chitose - ein Aquarium nur mit Lachsfischen! Man kann direkt in den Fluss blicken, wenn die Fische wandern. Einmalig!
Und: Wie kommt ein Süßwasserfisch „Steinbeißer“ über den Nordostatlantik als Steinbeißerfilets in eine TK-Tüte?
Was denkst du?