Die Auswirkungen des Vollmondes scheinen ja deutlich zu sein. Er lässt uns romantisch in die Nacht blicken und von schönen Dingen träumen. Er kann sehr inspirierend sein.
Oder störend: Viele Menschen behaupten, der Einfluss des Vollmondes beraube sie des Schlafes, störe ihre Konzentration bei der Arbeit oder beeinflusse ihre Gesundheit. Aber stimmt das auch?
Das Auffälligste am Vollmond – und wohl auch das Störendste an ihm – ist die Helligkeit, die er in wolkenlosen Nächten auf die Erde bringt. In einer Vollmondnacht kann man sich draussen sehr gut orientieren. Die Beleuchtungsstärke ist allerdings nicht hoch genug, um auch gutes Farbsehen zu ermöglichen. Wir sehen im Mondlicht alles Schwarzweiss. Das Vollmondlicht reicht aus, um sehr vielen Tieren als Taktgeber zu dienen und ihnen die Nacht zu erhellen (siehe weiter unten). Auch viele Pflanzen können dank des Zyklus des Mondes innere Rhythmen synchronisieren.
Aber ist es wahr, dass der Vollmond allein durch seine Gravitationskraft oder andere bisher unbekannte Wirkmechanismen einen negativen Einfluss auf unseren Schlaf, unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ausüben kann? Dazu ein paar Überlegungen aus der Wissenschaft:
Man muss sich Erde und Mond als ein System vorstellen, am einfachsten wie eine Hantel mit ungleichen Gewichten: Das eine – grosse und schwere – Gewicht ist die Erde, das andere ist der 81-mal leichtere Mond.
Erstaunlich ist dabei, dass der Neumond - im Gegensatz zum Vollmond - niemanden stört, obwohl seine messbaren Kräfte denen des Vollmonds ebenbürtig sind. Physikalisch begründen lassen sich die vermuteten Einflüsse des Vollmonds wie auch der Sternzeichen mit der Wissenschaft jedenfalls nicht.
Auch über einen allfälligen Zusammenhang zwischen dem Zyklus der Mondphasen und Schlaf, Unfällen oder Arbeitsleistung wurden schon viele Studien gemacht; wissenschaftlich lassen sich auch hier ausser dem fahlen Licht des Mondes und der Gravitationskraft keine direkten Wirkungen des Vollmondes auf uns nachweisen. Die Statistiken sind eindeutig. Auch der Einfluss des Neumondes und des Halbmondes auf Menschen ist durch die Wissenschaft nicht erkennbar.
Die Mondphasen steuern die Gezeiten. Die Gravitationskräfte des Mondes und der Sonne addieren oder subtrahieren sich, je nach Stand der Mondphase.
Dennoch: Der Mond – insbesondere der rhythmische Wechsel der Mondphasen von Vollmondlicht und Dunkelheit bei Neumond – hat einen grossen Einfluss auf sehr viele Lebewesen. Die monatliche Rhythmik ist Taktgeber für unzählige biologische Prozesse.
Ob es bloss das helle Licht des Vollmonds mitten in der Nacht ist oder vielleicht doch noch andere Kräfte? Die Auswirkungen des Mondes auf uns sind in Tat und Wahrheit sehr undeutlich...
Im Meer sind die Auswirkungen des Lichts des Vollmondes auf die Tiere mancherorts jedoch extrem. Die Meerestiere schlafen wohl bei Vollmond nicht schlechter als bei Neumond; aber viele wollen bei Vollmond gar nicht schlafen, sondern sich vermehren oder auf die Jagd gehen... denn dazu ist es nun Zeit!
Viele Meerestiere laichen in direkter zeitlicher Abhängigkeit von der Mondphase, wie die Steinkorallen des australischen Great Barrier Reefs, die bei Vollmond alle gleichzeitig Eier und Spermien ausstossen. Diese Synchronisation auf einen externen Zeitgeber (Mondphase) hat mehrere Vorteile: Je mehr Korallen gleichzeitig laichen, desto höher ist die Befruchtungsrate der Eier. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Korallenspermium im grossen Ozean auf ein reifes Korallenei trifft, ist eigentlich gleich Null. Wenn aber alle Korallen gleichzeitig laichen, dann stehen die Chancen gut, dass manche Eier befruchtet werden. Ein zweiter Effekt des Massenlaichens ist ebenso wichtig: Die Heerscharen von Fischen, die die Eier gerne fressen würden, können sich gar nicht auf solche Futtermengen einstellen. Sie schaffen es nicht, alle Eier in nützlicher Frist zu fressen, und die meisten Eier werden auf diese Art verschont.
Der Vollmond beleuchtet auch unsere Siedlungen. Manch einem gefällt dies gar nicht.
Ein Extrembeispiel ist der Palolo-Wurm der Südsee, der – aufgepasst – jedes Jahr in der siebten Nacht nach dem ersten Vollmond nach Herbstbeginn sein mit Eiern oder Spermien gefülltes Hinterende abgibt… Millionen dieser Hüllen platzen danach an der Meeresoberfläche und die Eizellen und Spermien finden sich. Auch hier kommen die Fressfeinde mit dieser Menge nicht mit!
Auch der Wattwurm an Ärmelkanal und Nordseeküste orientiert sich bei der Fortpflanzung am Mond. Seine jungen Larven werden bei steigender Flut bei Springtiden (also bei Voll- und Neumond) auf dem Strand weit nach oben verfrachtet, meist auf festeres Gelände mit Geröll oder Kies, wo sie ihre ersten Monate verbringen.
Mond und Sonne üben Gravitationskräfte auf das bewegliche Wasser der Erde aus. Die Kräfte des Mondes sind dabei etwa doppelt so stark als die der Sonne. Aber sie sind trotzdem gering! Die Erdbeschleunigung hingegen, die uns permanent in Richtung Erdzentrum zieht und uns unser Gewicht verleiht, ist zehn Millionen Mal stärker.
Steht der Mond senkrecht über einem 100 Kilogramm schweren Menschen, wird dieser – im Moment der Mondpassage – ganz sachte angehoben und dadurch um 0.01 Gramm leichter!
Die Gravitation der Sonne erleichtert ihn zur Mittagszeit noch einmal um weitere 0.005 Gramm. Wirklich abnehmen lässt sich mit Mond und Sonne also nicht.
Zwei Bilder vom selben Standort (Erquy in der Nordbretagne) in dieselbe Richtung, einmal bei Ebbe (oberes Bild) und einmal bei Flut. Bis zwölf Meter hohe Amplituden der Gezeiten machen hier den Unterschied! Bei Ebbe ist der Sandstrand 600m breit, bei Flut ist er komplett verschwunden.
3 Kommentare
Herzlichen Dank für die interessanten, selbst für einen Laien verständlichen Informationen über die Aktivitäten des Mondes und seinen Einfluss auf die Erde und seine Bewohner.
Erstaunlich, vor allem für Laien wie mich, sind die Auswirkungen der unsichtbaren Kräfte aus dem All zu verstehen. Dass sie effektiv vorhanden sind und gesehen werden zeigen die tatsächlichen Auswirkungen !
Das Gleiche geschieht auch bei allen Lebewesen. Je nach der Menge der jeweiligen chemischen Elemente in einem Lebewesen wirkt sich auch die Schwerkraft unterschiedlich aus. Der Effekt dazu ist, dass sich das Gewebe eines Lebewesens sehr subtil ausdehnt und wieder zusammenzieht.
Wie sich die Schwerkraft auf der Erde grob darstellt, veranschaulicht das Geoid.
Bei der Wechselwirkung der Schwerkraft von Erde und Mond geschieht alles in der Größenordnung von Atomen und Molekülen, auch im Mensch, sehr subtil als Druckveränderungen spürbar.
Was mich wundert: Wenn der Mond auf den menschlichen Körper nur 0,05 Gramm Anziehung hat, wie kann es sein, dass dann die Gezeiten (Ebbe und Flut) mit so einer Kraft entstehen?
Und warum zieht eigentlich die Erde nicht langsam den Mond immer näher an sich ran?
Vielleicht liest das hier ja ein Physiker, und will es kurz erklären :)
Was denkst du?