Wenn bei Ebbe das Wasser abläuft, verziehen sich alle Fische in tiefere Gefilde. Alle Fische? Nein, zwei Arten von unbeugsamen Schleimfischen – der «grüne» und der «amphibische» Schleimfisch - hören nicht auf, der Ebbe zu trotzen. Amphibische Fische, die sowohl im Wasser als auch an Land leben können, gibt es in der Bretagne an jedem felsigen Strandabschnitt.
Die nur wenige Zentimeter langen und immer neugierig schauenden Tiere suchen entweder einen Felstümpel auf oder ziehen sich einfach in eine feuchte Felsspalte zurück, wenn die Ebbe die Küste trockenlegt. Manchmal sieht man die amphibischen Fische nachts sogar bei einem Landspaziergang auf dem Fels herumkriechen, auf der Suche nach Nahrung. Das Fehlen des wässrigen Milieus scheint ihnen überhaupt nichts auszumachen.
Manchmal sieht man die amphibischen Fische nachts sogar bei einem Landspaziergang auf dem Fels herumkriechen... eine besondere Lebensweise für einen Fisch!
Möglich machen dies den kleinen Fischen aus der Familie der Blenniiden ganz spezielle anatomische Eigenschaften:
An der Luft funktionieren die Kiemen nicht, denn die feinen Kiemenblättchen verkleben und können keinen Sauerstoff mehr liefern.
Die amphibischen Fische haben keine Schuppen, und dadurch ist die Haut für Sauerstoff sehr durchlässig.
Sie nehmen einen Grossteil des Sauerstoffs direkt über die Haut auf. Ausserdem haben sie neben den Kiemen und der Haut noch ein weiteres zusätzliches Atmungsorgan!
Vier Grüne Schleimfische sind von der Ebbe trockengelegt. Pah, was solls?
Bei Sauerstoffknappheit werden sie rötlich, ein Zeichen dafür, dass die Haut stärker durchblutet wird. Besonders deutlich sieht man dies an den feinen Flossenmembranen oder an den rosaroten Bäckchen, die sich vor allem nachts deutlich zeugen.
Amphibische Fische atmen Luft statt Wasser, mit ihrer Speiseröhre!
Die zwei Arten der amphibischen Schleimfische schlucken Luft in ihre Speiseröhre, die ganz besonders dehnbar und durchblutet ist. Das sieht dann aus wie eine kleine Lunge... Und funktioniert auch ganz ähnlich.
Grüner Schleimfisch mit "Auftaucherbrille"
Damit sie an der Luft auch etwas sehen, sind ihre Augen mit einer Art Brille ausgerüstet. Die Hornhaut hat eine flache Stelle, durch die der Fisch auch an Land wohl ähnlich gut sehen kann, wie unter Wasser.
Tja, wenn man als Fisch an Land schon überleben kann, wenn man atmosphärischen Sauerstoff atmen und an der Luft gut sehen kann, dann wäre es doch auch gut, wenn man sich an Land angemessen fortbewegen könnte... Und das klappt auch! Die Brustflossen der Schleimfische sind so geformt, dass sie wie kleine Beinchen funktionieren. Ausserdem sind die Strahlen der Afterflossen als regelrechte Krallen ausgebildet. Das gibt Halt am Fels oder auch in der Strömung.
Die Bauchflossen sind richtige kleine Beinchen
Auf französisch heisst einer der amphibischen Schleimfische «blennie coiffé», wohl, weil auf seiner Stirn ein haarbüschelähnlicher Hautlappen aufragt.
Amphibischer Schleimfisch mit seinem "coiffierten" Krönchen
Die Schleimfische sind einfach die Besten!
10 Kommentare
Für die grossartigen detaillierten Informationen über das Leben unter dem "Meeresspiegel"!
Herzlichen Dank für den interessanten Bericht! Erstaunlich was sich in im Meer so alles bewegt und vor allem wie sich die Bewohner damit zurecht finden!
Das auf ersten Blick verborgenes Leben interessiert mich sehr!
Viele Bretagne Freunde sind nicht Deutsch Sprechende.
Wie wäre ein Kontakt Click auf französisch?
LG Alex
Herzlichen Dank!
Danke
Dankeschön, das Lesen war wie immer ein Genuss - ich freue mich auf den nächsten Ausflug!
Liebe Grüsse
Claudia
Ein sehr schöner Trocken-Ausflug in die Welt der Gezeiten, vielen Dank Und Gruss Yvonne
Danke für den sympathischen Schleimfisch - interessant wie immer!
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